Ig-Nobelpreis für Clickertraining

 

Das Clickertraining findet erfolgreich Anwendung bei unseren Heimtieren, sogenannten Nutztieren und Wildtieren. Ursprünglich wurde die Trainingsmethode für Delfine entwickelt, hat aber längst Einzug in unsere Wohnzimmer gehalten. Dass sie sogar am Menschen erfolgreich anwendbar ist, wurde von Karen Pryor und Theresa McKeon bewiesen und mit dem diesjährigen Ig-Nobelpreis für medizinische Lehre geehrt.
Der Preis wird verliehen für Forschung, die einen zuerst zum Lachen, dann zum Nachdenken bringt.
Das haben die Preisträgerinnen geschafft: 
Sie brachten angehenden Chirurgen durch Clickertraining bei, orthopädische Operationen durchzuführen. Dabei waren die Ergebnisse besser und präziser als durch herkömmliche Lehrmethoden.
Ein weiterer Beweis, dass jeder mit diesem Training effizient motiviert werden kann.

 

Clickertraining funktioniert für alle Tiere, ob Katze, Pferd oder Mensch

 

Und das obwohl wir Menschen uns doch primär auf unsere Sprache verlassen! Bei der Arbeit mit unseren Tieren ist es umso wichtiger, einen prägnanten Marker wie den Click zu nutzen. Damit haben wir ein unmissverständliches und punktgenaues Kommunikationsmittel, um ihnen zu zeigen, was wir uns von ihnen wünschen. Und wenn das selbst bei den sprachlastigen Menschen zu besseren Ergebnissen führt, finde ich darin einmal mehr die Bestätigung, dass wir durch Marker verständlicher und motivierender für andere Lebewesen sind.

 

Trotzdem begegne ich gelegentlich Vorbehalten, hauptsächlich aus der Pferde-Ecke. Ehrlich gesagt ist mir in über 20 Jahren Pferdeerfahrung auch niemand begegnet, der mit seinen Pferden regelmäßig geclickert hätte. Bis ich schließlich großartige Mentoren gefunden und diesen Weg selbst eingeschlagen habe.

 

Aber was steckt dahinter? Die traditionelle Pferdeausbildung, wie sie der Großteil von uns kennengelernt haben dürfte, funktioniert auf Basis der negativen Verstärkung – Druck machen und Druck nachlassen. Markertraining arbeitet mit positiver Verstärkung: Keinen Druck machen und richtiges Verhalten belohnen. Schon allein deswegen fühlt es sich für viele Pferdesportler erstmal fremd an.
Oft hört man auch, dass Pferde nicht mit Belohnungen „bestochen“ werden sollten; dass das Pferd allein deshalb etwas für uns tun sollte, weil wir es sagen. Oder dass es glücklich sein sollte, uns dadurch zu gefallen. Dies ist eine romantisierte Vorstellung, welche die Wissenschaft des Lernens gänzlich ignoriert. Das ist hinderlich für die Umstellung auf eine humanere und wissenschaftlichere Art der Ausbildung – und sorgt außerdem dafür, dass es viele unglückliche Pferde gibt.

 

Lass mich eines klarstellen: Sowohl die positive als auch die negative Verstärkung sind ganz natürlich und haben ihre Daseinsberechtigung! Aber nur weil etwas in der Natur vorkommt, macht es das noch nicht zu dem ethisch besten Weg, den wir einschlagen können. Wenn es also nicht notwendig ist, aversive Stimuli anzuwenden, um ein gewünschtes Verhalten zu erlangen, da positive Verstärkung genauso gut oder besser funktioniert, drängt sich die Frage auf: Wird es nicht endlich Zeit für ein Umdenken im Pferdesport?

 

Für mich lautet die Antwort ja. Ich möchte auch gleich ein paar typische Ängste aus dem Weg räumen, die in Bezug auf Clickertraining für Pferde auftreten:

 

1. Mein Pferd wird verfressen.

Nun, Pferde sind von Natur aus „verfressen“. Ihr Organismus ist darauf ausgelegt, einen Großteil des Tages mit Nahrungsaufnahme zu verbringen. Warum sollte man sich das nicht im Training zunutze machen? Für die meisten Pferde ist Futter die größte Motivation! Und ein motiviertes Pferd ist der Schlüssel zu erfolgreichem Training.

Wer Angst hat, dass sein Tier zu viel auf die Rippen bekommt, auch dem kann geholfen werden: Dafür gibt es kalorienarme Futtermittel. Außerdem kann man den Marker auch auf andere Belohnungen als Futter konditionieren. Bei Katzen finde ich das häufig sehr effizient, zum Beispiel mit Streichel- oder Spielbelohnungen. Bedenke aber, dass Pferde aufgrund ihrer Natur in den allermeisten Fällen effektiver durch Futter zu motivieren sind.

 

2. Mein Pferd wird grob.

Wie bei jedem Training kann man auch beim Clickertraining eine ganze Menge falsch machen. Es stimmt: Man kann seinem Pferd damit wunderbar anerziehen, um Futter zu betteln, zu rempeln oder Ähnliches. Wenn man es nicht richtig macht!

Das „Höflichkeitstraining“ sollte beim Clickern mit dem Pferd die Grundlage bilden. Dabei lernt dein Pferd, dass es dich eben nicht anbetteln oder anrempeln kann, um Futter zu erlangen. Für seine Belohnung muss es etwas tun und nur dann erhält es die begehrten Köstlichkeiten. Das lernen Pferde sehr schnell! Aber du musst natürlich auch konsequent bleiben.
Ein weiterer Schlüsselfaktor für jedes erfolgreiche Markertraining ist dein Timing. Das erwünschte Verhalten muss genau im richtigen Moment markiert und belohnt werden – die Präzision ist wirklich nicht zu unterschätzen, ansonsten trainierst zu deinem Tier höchst erfolgreich das falsche Verhalten an.
😉
Hier muss also auch der Mensch an sich arbeiten. Es kann hilfreich sein, sogar erstmal ohne Tier zu üben. Auf Nummer sicher gehst du, wenn du dir jemanden mit Erfahrung dazu holst, um dir auf die Finger zu schauen und dein Timing zu coachen.

 

3. Es ist unnatürlich, mein Pferd aus der Hand zu füttern. Pferde füttern einander auch keine Leckerlis.

Dieses „Argument“ geht oft einher mit Dominanztheorien – ein Thema für sich, das den Rahmen dieses Blog-Eintrags sprengen würde. Daher sei an dieser Stelle nur gesagt: Wir sind keine Pferde und Pferde wissen das. Wir sind Raubtiere und Pferde sind darauf programmiert, uns zu fürchten. Du wirst schließlich auch kein Pferd sehen, das versucht, einen Löwen zu dominieren. Es wird versuchen, vor der Bedrohung zu fliehen – egal ob die Bedrohung nun der Löwe, die Peitsche oder das Bein des Reiters ist.
Aber vor etwas zu fliehen macht eigentlich nicht den größten Teil seines natürlichen Zeitbudgets aus. Im Gegenteil: Den Großteil seiner Zeit will es sich auf etwas zu bewegen, ist auf der Suche nach Ressourcen wie Nahrung, Wasser, Schutz oder Gesellschaft. Daher ist es auch für unser Training viel natürlicher, wenn das Pferd ein Ziel (eine Aufgabe) bekommt und eine Ressource (Belohnung) erhält, anstatt permanent nur einem Druck weichen zu müssen.
Wie schon erwähnt ist die negative Verstärkung zwar auch natürlich. Wenn wir eine Herde beobachten, können wir den Einsatz von negativer Verstärkung und sogar Strafen unter den Pferden deutlich sehen. Doch tatsächlich machen diese agonistischen Verhaltensweisen weniger als ein Viertel aller Interaktionen aus. Viel stärker ausgeprägt sind freundliche Verhaltensweisen wie das gemeinsame Grasen, Ruhen, Pflegen etc.
Ein Training, das nur auf aversiven Methoden basiert, spiegelt also nicht wider, wie Pferde natürlicherweise miteinander interagieren. Trainingstechniken, die freundliche Verhaltensweisen imitieren und fördern, sind mit Sicherheit natürlicher als solche, bei denen ständig agonistische Verhaltensweisen imitiert werden.

 

Abschließen möchte ich mit einem Zitat der anfangs erwähnten Preisträgerin und Pionierin des Clicker-Trainings Karen Pryor:

 

When you stop relying on aversive controls such as threats, intimidation, and punishment, and when you know how to use reinforcement to get not just the same but better results, your perception of the world undergoes a shift. You don’t have to become a wimp. You don’t have to give up being in charge. You lose nothing of yourself. You just see things you didn’t see before.