Der Einsatz von Reitgerten und Peitschen ist ein branchenweit umstrittenes Thema. Frühere Untersuchungen konzentrierten sich hauptsächlich auf deren Einsatz im Rennsport. Allerdings sollte man alle Disziplinen einbeziehen, um die Probleme in Hinblick auf das Wohlergehen der Pferde wirksam zu lösen.

 

 

Auf der 15. jährlichen Konferenz der International Society for Equitation Science (ISES) gaben die Sprecherinnen Jane Williams und Kirstin Spencer einen Einblick in den aktuellen Stand sowie die momentane Wahrnehmung dieses Themas im Reitsport.

Eine Umfrage aus dem Vereinigten Königreich, an welcher 3.463 Reiter teilnahmen, ergab:

• 72% der Befragten reiten regelmäßig mit einer Gerte.
• Fast 70% der Teilnehmer stimmen zu, dass Gerten nur von erfahrenen Reitern benutzt werden sollten.
• Die große Mehrheit wünscht sich strengere Beschränkungen für den Einsatz von Reitgerten in Wettbewerben. Dies schließt die Aufwärmphase auf Abreiteplätzen mit ein.

Darüber hinaus wurden die Befragten gebeten, ihren Umgang mit der Gerte zu erläutern. Die Mehrheit antwortete:

• dass Gerten zur Verstärkung der Hilfengebung und zum Training verwendet werden.
• dass sie leicht benutzt werden.
• dass sie niemals aus Aggression oder Frustration kontinuierlich verwendet werden sollten.

Dr. Williams sagte dazu: „Es ist ermutigend zu sehen, dass die meisten Reiter denken, die Gerte sollte als eine Trainingshilfe benutzt werden. Doch als sie gefragt wurden, wie und wann man die Gerte auf diese Art benutzt, war dies nicht immer darauf abgestimmt, wie Pferde lernen. Das zeigt die Notwendigkeit einer besseren Ausbildung der Reiter.“

 

In einer weiteren Studie wurden Aufzeichnungen von Britischen Springprüfungen im Zeitraum zwischen August 2018 und Januar 2019 ausgewertet. Diese Studie enthält Daten von 285 Pferden und Reitern, dabei wurden Hindernisse zwischen 0,8 und 1,25 Metern Höhe absolviert.

 

Ungefähr 76% der Reiter trugen eine Gerte, aber nur 14% setzten sie tatsächlich im Turnier ein. Statistische Analysen wurden durchgeführt, um festzustellen, ob und wie die Nutzung der Springgerte mit der Leistung des Pferdes zusammenhängt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Einsatz der Gerte mit einer verringerten Leistung korreliert.

 

Die Reiter, die ihre Gerte benutzten, machten mehr Fehlerpunkte als diejenigen, die keine Gerte nutzten. Bemerkenswert ist auch, dass kein Paar imstande war, seine Runde zu beenden, wenn der Reiter die Gerte mit besonderem Kraftaufwand eingesetzt hatte – dies lässt sich auf ein stark gestresstes Pferd zurückführen.

Außerdem wurde beobachtet, dass die Gerte häufig mit einem schlechten Timing eingesetzt wurde. Dies kann auf Probleme bei der Reiterausbildung zurückzuführen sein, etwa weil die kognitiven Fähigkeiten eines Pferdes und sein Lernverhalten missverstanden werden.

 

Kristin Spencer konnte auch Probleme hinsichtlich der Einhaltung von Vorschriften erkennen: Zum Beispiel fand ein erheblicher Gerteneinsatz statt, während der Reiter zugleich noch seinen Zügel hielt, obwohl die Regeln des British Showjumping diese Art der Verwendung eigentlich ausschließen.

 

Diese Ergebnisse werfen jede Menge weitere Fragen auf – in Hinblick auf die Überprüfung und Regulierung der bisher bestehenden Vorschriften, sowie hinsichtlich des Gertennutzens zu einer beabsichtigten Leistungsverbesserung des Pferdes. Weitere Forschung ist notwendig, um besser zu verstehen, wie Gerten und Peitschen in der Branche eingesetzt werden und um folglich Veränderungen zum Wohle des Pferdes bewirken zu können. Die Untersuchung dessen, was derzeit als normal angesehen wird, soll darüber Aufschluss geben, wie die Vorschriften am besten geändert werden können, um das Wohlergehen der Pferde zu schützen.

 

Zusammenfassend deuten beide Studien darauf hin, dass unter den Reitern ein Streben nach Veränderung bezüglich der Verwendung und Regulierung von Reitgerten besteht. Doch dazu müssen Reiter und Trainer zunächst besser verstehen, wie Pferde lernen. Dieses Verständnis kann zum Entwurf pferdefreundlicher Regeln führen, sowie zu einer wohlüberlegten Entscheidung des Reiters, wann und wie er Hilfsmittel im Training verwenden sollte.

 

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