Sportpferde: Boxenhaltung vs. Gruppenhaltung

 

Pferde sind Herdentiere, das weiß jedes Kind. Ihr natürliches Bedürfnis nach Sozialkontakten und Bewegungsfreiheit wird selbstverständlich nicht dadurch verringert, dass der Mensch eingreift und dem Pferd eine besondere Aufgabe zuteilt. Dennoch werden für Sportpferde häufig andere Standards gesetzt. Sie werden öfter in Boxenhaltung aufgestallt und meist geschieht dies auch noch unter dem Deckmantel, das Beste für das Pferd zu wollen – im Sinne von „es wohlbehütet zu wissen“. Doch dem Pferd tut man mit einer dauerhaften Einzelbox ganz sicher keinen Gefallen. Und dem Reiter in Wirklichkeit auch nicht.

 

Pferdepsychologin, Tierpsychologin für Pferde, Pferdeverhaltensberaterin und Pferdeverhaltenstrainerin Beatrice Gröfke schreibt über Sportpferde und Haltungssysteme

 

Es gibt einige Gründe, warum manche Sportreiter ihre Pferde nicht im Gruppenverband halten möchten: Die Angst ist einfach zu groß. Angst vor Verletzungen, Angst vor Leistungseinbußen. Ein erfolgreiches Sportpferd ist schließlich wertvoll. Aber schon hier liegt der erste Knackpunkt. Restriktive Haltungssysteme erhöhen die Wahrscheinlichkeit stereotyper Verhaltensstörungen drastisch. Solche Verhaltensstörungen gehen auch mit einer signifikanten Wertminderung des Pferdes einher. Zum Beispiel beim Koppen liegt die Wertminderung, je nach Einsatzgebiet des Pferdes, zwischen 30 und 80 Prozent! Wiegt man dagegen die geringe Wahrscheinlichkeit von ernsthaften Verletzungen in der Herde auf, ist der Wert des Pferdes als Argument für die Einzelhaltung bereits entkräftigt.

 

Warum die geringe Wahrscheinlichkeit? Pferde lösen Konflikte nur dann auf aggressive Weise, wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Der Großteil der aggressiven Verhaltensweisen beschränkt sich zudem auf Drohgebärden ohne tatsächlichen Körperkontakt. Das heißt bei genug Bewegungsraum, guter Ressourcenverteilung und richtigem Management sind in der Regel keine ernsthaften Verletzungen zu erwarten. Studien haben das schon vor etwa fünfzehn Jahren nachgewiesen. Die Angst vor der Gruppenhaltung ist also unberechtigt; das erhöhte Verletzungsrisiko ein Mythos, der auf suboptimales Herden-Management zurückzuführen ist.

 

Weitere häufige Bedenken sind, dass ein Mangel an Ruhe in der Herde zu einer verzögerten Erholung der Pferde führen und dadurch die Leistung beeinträchtigt werden könnte. Ganz aktuelle Forschungserkenntnisse können auch dies widerlegen.

 

Sportpferde erholen sich besser in Gruppenhaltung

Es wurde untersucht, wie sich die Haltungsform auf die Erholung von Trabern nach dem Training auswirkte. Die Haltung in Einzelboxen wurde der gemeinsamen Freilandhaltung gegenübergestellt. Die Pferde absolvierten jeweils nach sieben und vierzehn Tagen in jedem Haltungssystem einen wettbewerbsähnlichen Belastungstest. Futter stand in beiden Systemen zur freien Verfügung.

 

Die kurzfristige körperliche Erholung ließ keinen signifikanten Unterschied erkennen, doch die Pferde in Gruppenhaltung zeigten insgesamt mehr Appetit und eine höhere tägliche Futteraufnahme, wodurch sie ihren Energiehaushalt schnell und langfristig effizienter wiederherstellen konnten als die Pferde in Boxenhaltung.

 

Die Forscher halten fest, dass es während intensiver Trainings- und Rennphasen manchmal zu niedrigen Körperkonditionswerten und geringem Appetit kommt – und dass ihre Ergebnisse darauf hindeuten, dass Gruppenhaltung diesen Problemen entgegenwirken kann.

 

Es wurde auch festgestellt, dass die Herzfrequenz der Pferde in Boxenhaltung nachts erhöht war.
Da die Gruppenhaltung im Freien eine höhere körperliche Aktivität mit sich bringt, hätte man eher in diesem Haltungssystem die höhere Herzfrequenz erwartet.
Dies deutet wieder einmal darauf hin, dass Pferde in Boxenhaltung prinzipiell unruhiger und gestresster sind.

 

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